Kunstkritik – Tim Schmutzler

In mir sind tausend Bilder – Der Maler Paulus Remmers

Paulus Remmers lebt mit seiner großen Familie in einem gemütlichen Haus im Niedersächsischen Rheden. Gleich nebenbei ist sein Atelier und die Galerie in der er eigenen und fremde Arbeiten zeigt.


Paulus Remmers ist ein Künstler dessen Biographie allein schon Neugierde auf seine Bilder weckt und dessen und dessen vielfältigen Lebenserfahrung heute in sein künstlerisches Schaffen hineinwirkt. Die Werke sind nicht im eigentlichen Sinne autobiografisch, sondern stellen viel mehr die Essenz.


Auch wenn der Geburtsort Wollongong im fernen Australien eine exotischen Beiklang hat, so ist der fünfte Kontinent für Paulus Remmers nur eine biographische Anekdote. Schon wenige Woche nach seiner Geburt am 15. Mai 1956 ziehen die Eltern zurück in die heimatlichen Niederlande. Hier wächst Remmers in einem betont konservativ katholischen Umfeld auf. Der Vater ist anfänglich Geschäftsmann, der zunächst dem im Krieg zerstörten Betrieb der Großeltern wieder aufbaut, anschließend in der Metallindustrie Karriere macht und die letzte Jahrzehnte seines Berufslebens als Beamte an der Technische Uni arbeitet.


Mit schmunzeln erinnert sich Paulus Remmers an seine erste, von den 4 Geschwistern verspottete Ausstellung früher Kinderbilder, die er in der Garage der Eltern organisiert. Sonst aber war wenig Raum für die künstlerischen Neigungen des Jungen und in der 12. Klasse verlässt er das Gymnasium und es beginnen zwei Jahrzehnten des Wandern, Suchen und Lernen.


Die Stationen des Lebenslaufes dieser Jahren sind eine Abfolge von Neuanfängen, Erfolgen, Scheitern, von Krankheit, Gewissenskonflikte und Lösungsversuchen. Zunächst entwirft er Gärten um sie dann bald auch für private Auftraggeber zu realisieren. Die Resultate dieser Arbeit verschaffen ihn Zugang zu einer Fachhochschule für Landschaftsarchitektur, die er aber nach 3 Semestern ohne Abschluss wieder verlässt. Remmers wendet sich von seinen Eltern ab, deren Leben zwischen bürgerlichen Tradition und doktrinärem Katholizismus ihm unerträglich ist und beginnt ein anthroposophisches Jahr in einer Schule, die ein breites Spektrum an künstlerischen Aktivitäten ermöglicht. Der daraus resultierende Wunsch Kunst zu studieren, lässt sich aber nicht verwirklichen. Mit 19 Jahren reist Remmers nach England und wird Kochlehrling in einem College in der Nähe von London, wo er sich eigentlich künstlerisch weiterbilden wollte, findet sich dort aber alsbald als verantwortlicher Koch wieder.


In dieser Zeit fällt ein spirituelles Erlebnis, das Remmers als ein von Sonnenlicht Durchdringen des Körpers beschreibt, so dass er sein Ich in dessen spirituellen Dimension erlebte. Hierin sieht er heute eine der Quellen seinen malerischen Inspiration. In ihm entsteht der Wunsch Pfarrer zu werden, denn die Abkehr vom Katholizismus bedeutete keineswegs eine Abkehr von der Christliche Lehre an sich. Doch zunächst führt ihn sein weg nach Norwegen, wo er in einem Heim für behinderte Jugendlichen arbeitet und eine heilpädagogische Ausbildung beginnt, die er später in der USA fortsetzt.Er arbeitet als Holzfäller und Maurer und trampt durch das Land, vom Nordosten bis zum Südwesten. Er findet Arbeit und Wohnung in San Francisco, wo er wieder Anschluß an anthroposophische Kreise findet und zieht nach Philadelphia um ein Vorseminar zur Pfarrerausbildung zu besuchen. Von dort gelangt er nach Stuttgart beginnt sein eigentliche religiöse Ausbildung. Eine zunächst falsch diagnostizierte Krankheit zwingt ihn von nun an immer wieder Ausbildung und Arbeit zu unterbrechen. Die nächste Jahrzehnten seines Lebens sind immer wieder gekennzeichnet von mehr oder weniger langen Krankenhausaufenthalten. Paulus Remmers bricht seine Studium ab, zieht mit seiner Frau nach Belgien um dort als Hauswirtschaftsleiter und Koch in einem Heim zu arbeiten. Mitte der Achtziger Jahren studiert er Kunst der Kunstakademie Ruud Wackers in Amsterdam. Er eröffnet ein erfolgreiches Restaurant in Utrecht, lebt anschließend eine Zeit in der Schweiz. 1989 entschließt er sich nach Hannover zu ziehen um sein Theologiestudium abzuschließen. Eine erneute Krankheitsschub verhindert die Weihe und die erste Ehe zerbricht. Der zunächst erfolgreiche Versuch in Elze ein Zentrum für Lebensberatung aufzubauen wird von einem betrügerischen Partner vereitelt. Paulus Remmers steht mit vier eigenen, zwei Kindern seiner zweiten Frau Ruth und noch zwei mit ihr gemeinsamen Kindern vor dem nichts.


Es ist November 1994 als Familie Remmers in der Nähe ihres heutigen Wohnorts ein verfallenes Haus bezieht und Paulus Remmers beschließt von nun an sich ganz der Malerei zu widmen und von der Verkauf seiner Bilder zu leben.Die lange aufgestaute Sehnsucht zu malen entlädt sich in einem enormen Schaffensdrang. Im Malen findet einen Weg zur Selbstheilung und seine wahre Berufung. „In mir sind tausend Bilder, die hinaus wollen und müssen“, sagt der Maler. „Ich male aus Sein, dem Ich“. Keiner Schule verpflichtet steht er mit jedem Bild auf der Schwelle vom Sinnlichen zum Übersinnlichen, schöpft aus dem Übersinnlichen die Berechtigung seiner Malerei. Die Bilder von Paulus Remmers erstrahlen in dieser übersinnlichen Erkenntnis, sind gleichzeitig ein Spiegel der Alltagswirklichkeit mit ihren Licht- und Farberscheinungen und gleichzeitig der Grenzerfahrungen eines Mannes, der in schweren und verzweifelten Momenten Erfahrungen mit dem Jenseits gemacht hat. So sieht der Betrachter neben dem vordergründigen Über-und Nebeneinander von Farben und Formen, auch immer etwas unbegreifliches transzendentales im Werk von Paulus Remmers.

Tim Schmutzler
Kunsthistoriker, Berlin